News - Trommeln für Steinburgs Zukunft
Norddeutsche Rundschau, 11. November 2010
Hohenlockstedt - Mit einem Trommelwirbel endete gestern Abend die 2. Steinburger Zukunftskonferenz. Der durch die Teilnehmer selbst inszenierte musikalische Abschluss stand symbolisch für Kraft, Energie und Kreativität. Mit diesen Eigenschaften will vor allem Steinburgs Wirtschaft den Kreis in eine rosige Zukunft führen. Nach einer vielversprechenden Auftaktveranstaltung vor einem Jahr in einer Lagerhalle für Zement in Lägerdorf gab es gestern die Fortsetzung in der ausgebuchten Kartoffelhalle von Pohl Boskamp in Hohenlockstedt. Vor rund 150 Teilnehmern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft wurde eine positive Bilanz gezogen. Aus einst acht sind mehr als 80 Mitstreiter geworden, die zwölf Monate lange intensiv an Projekten mitgearbeitet haben. Gemeinsames Ziel: Steinburg soll innerhalb der Metropolregion Hamburg zu einem Markenzeichen entwickelt werden, in dem es sich zu arbeiten und zu leben lohnt. Die Zukunftskonferenz sieht sich dabei unter dem Zeichen „Vision Steinburg + 2030“ als bedeutsamer Impulsgeber und konstruktiver Begleiter. Erstes Ergebnis ist ein neun Punkte umfassender Strategieplan, der den Kreis auf vielen Ebenen voranbringen soll. Dabei sollen unter anderem wichtige Infrastrukturprojekte aus der Wirtschaft heraus entwickelt und gestärkt werden. Für bestehende Unternehmen, für Ansiedlungen und Existenzgründungen soll eine zentrale Anlaufstelle installiert werden. Gleichzeitig werden ein Unternehmernetzwerk aufgebaut und der Forschungsstandort ausgebaut. Ein Kernthema ist die Schaffung einer Modellregion „umweltfreundliche Energien“. Sichtbare Präsenz in der Metropolregion Hamburg, ein deutlich verbessertes Regionalmarketing sowie mehr Lebensqualität für Wohnbevölkerung und Fachkräfte und die konsequente Weiterentwicklung der Bildungsregion sind weitere erklärte Ziele.
Der Kreis Steinburg, was den Wirtschaftsraum Brunsbüttel ausdrücklich mit einbezieht, soll nach den Vorstellungen von IZET-Chef Professor Dr. Ralf Thiericke zu einer weithin ausstrahlenden Marke entwickelt werden. Dabei, so betonte er, sei Eile geboten, weil auch die anderen Regionen rund um Hamburg nicht schliefen. „Facharbeiter, die sich in Hamburg nur eine kleine Wohnung leisten können, können sich bei uns ein Haus bauen – vielleicht sogar direkt am Wasser“, unterstrich Volksbank-Vorstand Stephan Schack einen entscheidenden Standortvorteil. „Diese Karte wollen wir auch ausspielen“, fügte er hinzu. Hausherrin Marianne Boskamp machte an einem nur scheinbar banalen Beispiel deutlich, wie vielschichtig der Handlungsbedarf ist. „Unser Hauptproblem ist der fehlende Hochzeitsmarkt“, überraschte sie mit einer interessanten Erkenntnis und erläuterte: „Es gibt hier keine Kneipenlandschaft wie in Großstädten. Wie sollen junge Mitarbeiter von außerhalb Freunde oder die Liebe fürs Leben kennenlernen?“ Dabei ist Steinburg aus ihrer Sicht in jeder Hinsicht lebenswert. Sie rief alle Konferenzteilnehmer auf, diese Begeisterung auch nach außen zu tragen. Gleichzeitig ermunterte sie alle Unternehmer, die Lebensqualität bis in die kleinste Gemeinde hinein durch eigene Projekte tatkräftig zu unterstützen. „Ein bisschen das Portemonnaie aufmachen, kann uns allen nur nutzen.“
Landrat Dr. Jens Kullik brachte die laufenden Aktivitäten aus Sicht von Verwaltung und Politik auf diesen Nenner: „Steinburg nimmt Fahrt auf!“ Als Beispiele für eine dynamische Weiterentwicklung nannte er die Breitbandoffensive sowie angestrebte Verbesserungen im Bereich der Bildungslandschaft. Mit Blick auf den Aus- und Neubau von Verkehrswegen betonte Kullik die Bedeutung „intelligenter Wertschöpfung entlang der Schnellstraßen“. Steinburg, so sein Fazit, sollte selbstbewusst genug sein, auch direkte Gespräche mit dem großen Nachbarn Hamburg zu suchen.
„Wenn alle Weichen richtig gestellt werden, ist alles möglich“, zeichnete Ex-Wirtschaftsminister Dietrich Austermann die Steinburger Zukunft in den rosigsten Farben. Elbquerung, vierspurige B 5, Elektrifizierung der Bahnstrecke nach Brunsbüttel, mehr Güterumschlag in Brunsbüttel und Glückstadt, Glasfaser in allen Haushalten und Unternehmen, Modellregion für Elektro-Mobilität, Energielieferant weit über den Bedarf im Norden hinaus, Vollbeschäftigung. So könnte Steinburg im Jahre 2030 aussehen. Sogar eine Umgehungsstraße für Glückstadt wäre fertig, nachdem sich die Umlandgemeinden auf die 85. Variante verständigt haben, fügte ein ortskundiger Austermann hinzu. „Alles ist möglich, wenn man ohne Scheuklappen arbeitet.“ (Volker Mehmel)
Das sagt die Jugend: Wir wollen attraktive Arbeitsplätze
Kreis Steinburg - Im elften Jahrgang des beruflichen Gymnasiums am Regionalen Bildungszentrum in Itzehoe (RBZ) ist man sich einig: „Wenn wir einen guten Arbeitsplatz hier finden, ist Steinburg gar nicht so schlecht.“ Das hofft auch Harm Brügge (16). „Ich würde mir wünschen, dass der Einstieg in große Unternehmen hier in Steinburg leichter wäre und man dann auch schneller aufsteigen kann.“ Auch Annkatrin Hoyer (17) kann sich gut vorstellen, in Steinburg zu bleiben, oder aber nach ihrer Ausbildung zurückzukehren. „Es ist für Familien hier viel schöner als in der Großstadt“, so die Schülerin „aber ich möchte später nicht nur Hausfrau und Mutter sein und brauche darum die Sicherheit, dass meine Kinder auch einen Kitaplatz bekommen.“ Darüber macht sich Florian Berns noch keine Gedanken. Der 17-Jährige hat gerade seinen Realschulabschluss gemacht und sucht einen Ausbildungsplatz als Industriekaufmann. Er würde gern in Steinburg bleiben, „aber wenn ich hier nichts finde, suche ich in Kiel oder wo anders weiter.“ Aus Steinburg weg zieht es auch Leonie Hafemeister (16) und Svea Böge (16). „Hier ist schon ziemlich wenig los. Besonders seit das Haus der Jugend nicht mehr da ist.“ Beide wollen nach dem Abitur woanders studieren. Arne Wobbermin (18) findet es schade, dass in der Itzehoer Innenstadt immer mehr Geschäfte schließen. „Das müsste sich ändern, damit ich mich hier auch in Zukunft noch wohlfühle.“ (tyr)
Das sagen Teilnehmer: Für Nachwuchs attraktiver werden
Kreis Steinburg - „Wir müssen den Regionsgedanken weiterentwickeln und uns der Metropolregion Hamburg anschließen.“ Mit diesen Worten beschrieb Dr. Andreas Koeppen (49) als einer von 150 Teilnehmern der Zukunftskonferenz seine Sicht auf die Zukunft des Kreises Steinburg. Und viele seiner in der Hohenlockstedter Kartoffelhalle versammelten Mitstreiter schlossen sich seiner Meinung an.
„Wir müssen Denkanstöße geben und perspektivisch arbeiten“, sagte Burkhard Mertsch (43). Potential sei da, so Josef Bauer (63), „doch es gibt auch noch einiges zu verbessern“, meint Wolfgang Esskuchen (67).
Vorschläge gibt es viele: „Wir müssen die Möglichkeiten, wie eine gute Infrastruktur, noch besser nutzen und ausbauen um nach außen attraktiver zu werden“, rät Michael Berg (53). Und den Kreis auch für Nachwuchs attracktiver machen. Den gilt es zu fördern, so Sigrun Schmidt. Der Meinung ist auch Kirsten Lutz: „Man muss Familien eine attraktive Umgebung bieten!“ „Ich bin mir sicher, dass uns eine positive Zukunft bevor steht, wenn wir gemeinsam an unserer Umgebung arbeiten“, ist sich Marianne Boskamp (45) sicher. „Ich möchte nirgendwo anders leben.“ (loe)